30jähriger Krieg 1618 - 1632, erste Hälfte
Einführung, Schlachtaufstellung, Schlachtbericht
Donnerstag, 04. Mai 2017
Gemeinfreier Stich der Schlacht
Bild links: Schützen und Pikeniere beider Seiten
Einleitung
Nach den Niederlagen der protestantischen Reichsfürsten gegen die katholischen Armeen in den ersten Kriegsjahren ist die protestantische Seite in große Not geraten. Da wählt der Niedersächsische Kreis (eine Verwaltungseinrichtung, das Deutsche Reich ist in 10 Reichskreise eingeteilt; aus diesem Reichskreis ist das heutige, deutlich kleinere, Bundesland Niedersachsen bestehengeblieben) 1625 den dänischen König Christian IV. zum neuen Feldobristen („Feldobersten“ – Oberbefehlshaber) der protestantischen Truppen. Christian ist zwar dänischer König, aber gleichzeitig auch Herzog von Holstein und als solcher Fürst des Heiligen Reiches Deutscher Nation. Daher darf er sich auch in Reichsbelange (Angelegenheiten des Reiches) einmischen und zum Beispiel gegen andere Reichsfürsten Krieg führen (würde ein „nur“ ausländischer Fürst einen deutschen Reichsfürsten angreifen, wären allen anderen deutschen Reichsfürsten verpflichtet, dem „Kollegen“ zu Hilfe zu eilen). Daß soviel diplomatisches Feingefühl nicht unbedingt vonnöten ist, zeigt ein paar Jahre später der Schwedenkönig Gustav Adolph auf, der einfach mit seinen Truppen in Deutschland einmarschiert.
Bild links: Berittene Arkebusiere
Christians Eingreifen wird selbst von der eigenen Seite nicht nur mit Beifall aufgenommen. Herzog Georg von Braunschweig und Lüneburg, einer der besten Heerführer der Protestanten, wechselt wie einige andere Fürsten, die Seiten, und die protestantischen Stände (eine Vorform des Parlaments) verhalten sich dem Dänen gegenüber merkwürdig passiv. All des trägt mit dazu bei, daß der Feldzug Christians letztendlich scheitert. Hinzu kommt, daß er gegen zwei der besten Feldherrn ihrer Zeit antreten muß, Tilly und Wallenstein.
Bild links: Kürassiere
Der dänische Feldzug
Christian verbündet sich mit den noch verbliebenen protestantischen Generälen Mansfeld und
Christian von Braunschweige (der „tolle Halberstädter“). Letzterer soll Thüringen „befreien“ und dann in Süddeutschland einfallen. Mansfeld wird aber bereits im April von Wallenstein bei Dessau
schwer geschlagen. Der englische König, sein Geld- und Auftraggeber, befiehlt ihm, sich Christian IV. zu unterstellen. Mansfeld marschiert aber Richtung Ungarn, um sich dort mit Bethlen Gabor
zusammenzutun. Wallenstein folgt ihm durch Schlesien und kann einen Einfall der beiden in Böhmen verhindern. Mansfeld stirbt noch im November des Jahres in Bosnien, auf dem Weg zu einem neuen
Geldgeber, dem venedischen Dogen. Der tolle Halberstädter ist übrigens krank geworden und kann nicht am Feldzug teilnehmen.
Der nun allein dastehende Dänenkönig selbst will zunächst den Niedersächsischen Kreis vom Feind säubern und dann in Hessen einmarschieren. Sinn und Zweck: Die Heere von Wallenstein und Tilly sollen daran gehindert werden, sich zusammenzuschließen. Christian will zunächst Wallenstein ausschalten, kann diesen aber nicht stellen. Er marschiert zu seinem Hauptquartier Wolfenbüttel zurück, weil Tilly sich von Süden nähert. Bevor er die Stadt erreicht, prallen die Vorhut der einen und die Nachhut der anderen Armee aufeinander. Christian muß sich zur Schlacht stellen. Dies geschieht am 27. August in der Lutterer Ebene südwestlich von Lutter am Barenberge.
Truppenstärke und Schlachtaufstellung
Kaiserliche
ca. 15.000 Mann Infanterie
5.000 Reiter
18 Geschütze
Infanterie
Regiment Cerboni / 10 Komp. / Tomasso Cerboni
Regiment Colloredo / 10 Komp. / Rudolf von Colloredo
Regiment Herliberg / 1500 / Jost Maximilian von Gronsfeld
Regiment Reinach / 2500 / Hans Heinrich IX. Freiherr von Reinach
Regiment Schmid / 10 Komp. / Valentin Schmid von Wellenstein
Regiment Schönberg / Otto Friedrich Freiherr von Schönberg
Leibregiment Würzburg bzw. Alt-Tilly/ Wolf Dietrich Truchsess von Wetzhausen
Regiment Fürstenberg/ 13 Komp/ Graf Jacob Ludwig von Fürstenberg
Kavallerie
Regiment Altsachsen / Kürassiere/ 10 Esk. / Hans Rudolf von Bindtauf
Regiment Haußmann / Kürassiere / 6 Esk. / Friedrich Ruprecht Freiherr Husman
Regiment Des Four / Kürassiere / 10 Esk. / Nikolaus Des Fours
Regiment Cronberg / Kürassiere / Adam Philipp Graf von Cronberg
Regiment Cortenbach / Kürassiere / Adrian von Cortenbach
Regiment Schönberg / Arkebusiere / 10 Esk.-1.000 Reiter / Graf Otto Friedrich v. Schönburg
Regiment Bock / Arkebusiere / Matthias von Bock
Regiment Erwitte / Arkebusiere / 8 Esk.-500 Reiter / Dietrich Otmar von Erwitte
Regiment Lintelo / Arkebusiere / Timon von Lintelo zu Dalhausen
Regiment Gál / Kroaten /5 Komp. -500 bis 700 Reiter / Peter Gál
ca. 16.000 Mann Infanterie
6.500 Reiter
22 Geschütz
(die allermeisten Soldaten dieser Armee sind aus Norddeutschland)
Oberbefehlshaber: König Christian IV.
Infanterie
Regiment Lohausen (600 Mann)
Regiment Lintsdow /Linstow (600 Mann) Nikolaus von Lintsdow-Bellin
Regiment Mogens-Kaas
Leibregiment (das blaue Regiment) / Wilhelm von Kalkum
Regiment Schweden (Südschweden gehört damals zu Dänemark)
Regiment Herzog Christian (2.000 Mann) / Laaradt Stell
Regiment Nerprot (Erbrot) / Johann von Nerprot
Kavallerie
Regiment Solms / Arkebusiere / Graf Hermann Adolph von Solms-Hohensolms
Regiment Hessen / Arkebusiere / Philipp Landgraf von Hessen-Kassel
Regiment Courville / Arkebusiere / Nicolas de Courville
Regiment Rheingraf / Otto Ludwig Graf von Salm/Kürassiere
Regiment Freitag / Leo von Freitag/ Kürassiere
Leibeskadron (300 adlige Reiter)
Artillerie
Große Batterie: 16 Geschütze
Kleine Batterie: 4 Geschütze
IR= Infanterieregiment
KR = Kürassierregiment
Bild links: Mittlere Artillerie
Schlacht
Während die Dänen noch abwarten, was der Gegner tut, schickt der kaiserliche Befehlshabe Tilly die schweren KR unter Dufour auf der Straße nach Langelsheim los, um den Feind in die Flanke zu fassen. Die Reiter sollen bereits auf dem Weg sein, um noch rechtzeitig angreifen zu können, deswegen fängt Tilly die Schlacht erst um elf Uhr an, wie üblich mit Artilleriefeuer aus der Batterie (16 Geschütze). Der kaiserliche General Cronsfeld/Cronberg greift mit dem Kürassierregiment „Cronberg“ die dänische Batterie an. Ihm folgen die IR Herliberg und Reinach und auch noch das KR „Schönberg“. – Dänische Reiterei schlägt diesen Angriff mit Unterstützung der dänischen Batterie auf das allerheftigste zurück, das KR „Kronberg“ wird darunter zerschlagen. Tilly fängt die zurückflutenden Truppen auf, sammelt und ordnet sie und gibt ihnen das IR „Schmid“ zum erneuten Angriff bei.
Der Dänenkönig läßt gegen diesen Angriff das 1. Treffen seines rechten Flügels vorrücken, um die Kaiserlichen von der Batterie abzubringen. Dabei geraten sie jedoch vor die eigenen Geschütze, und die können deshalb nicht mehr feuern. Dennoch gelingt es den Dänen, auch diesen Angriff abzuwehren, die kaiserlichen IR „Schönberg“ und „Schmid“ werden auseinandergejagt. Die dänischen IR „Lohhausen“, „Lindsdaw“ und „Mogens Kaas“ verfolgen unter General Fuchs die fliehenden Feinde über die Brücke, greifen die kaiserliche Batterie an und drängen deren Bedeckung, das IR „Leibregiment Würzburg“, zurück. Zusammen mit der Infanterie überschreiten die dänischen leichten Reiterregimenter „Hessen“ und „Solms“ den Bach, greifen die auf dem anderen Ufer stehende kaiserliche Infanterie an und werfen diese auf die leichte Reiterei im 2. Treffen zurück.
Bild links: Schützen und Pikeniere
Als sich der Dänenkönig des Erfolgs des Gegenangriffs bewußt wird, schickt er General Fuchs ein weiteres KR aus dem ersten Treffen zu. Seine Majestät selbst begibt sich an seinen linken Flügel nach Rhode, um das dortige 1. Treffen persönlich durch ein Gehölz gegen die Kaiserlichen zu führen.
Tilly mußte derweil mit ansehen, wie seine Batterie bedroht wird und sein Zentrum ins Wanken gerät. Er bringt die Weichenden zum Stehen, sammelt sie (auch das „Leibregiment Würzburg“) und führt sie gegen den Feind. Dank weiterer eigener Verbände, die er aus den hinteren Treffen heranzieht, kann der dänische Angriff vor der Batterie aufgehalten werden. – Militärhistoriker kritisieren später, daß die Dänen, statt in Kolonne vorzustoßen, in ihrer Schlachtaufstellung vorgestürmt sind und daher zu wenig Tiefe besessen haben, um einen richtigen Durchbruch zu erreichen. Außerdem haben sie sich von der fliehenden kaiserlichen Infanterie zu sehr ablenken lassen, statt zuerst den Hauptfeind, die kaiserliche Batterie, auszuschalten. Die kaiserlichen Kanoniere erweisen sich zudem als außerordentlich standhaft (was in jenen Zeiten keine Selbstverständlichkeit gewesen ist), und Tillys kluge Maßnahmen, das Schlimmste zu verhüten, haben Erfolg.
Als die kaiserlichen KR „Erwitte“ und „Bock“ am Einsatzort anlangen, wenden sich die dänischen Reiter zur Flucht und werden geschickt in eine sumpfige Niederung abgedrängt. Dieses Gebiet kann kaum von Fußgängern durchlaufen werden, geschweige denn von Berittenen. So kämpfen die dänischen KR ohne Bewegungs- oder Handlungsfreiheit und ohne Aussicht auf Ersatz. Die beiden dänischen Generäle Graf Solms und Landgraf Philipp von Hessen fallen, und danach gibt es für die dänischen Kürassiere kein Halten mehr, jeder denkt nur noch ans Entkommen. Durch jede Lücke entkommend reiten sie auf ihrer Flucht die beiden dänischen IR nieder, die zur Unterstützung von General Fuchs heranmarschieren. Reiterei und Fußvolk jagen zurück. Als die Kaiserlichen dies gewahr werden, stürmen sie den Fliehenden hinterher und werfen das gesamte 1. Treffen des dänischen rechten Flügels. Damit findet die Schlacht in diesem Teil ihr für die Dänen unrühmliches Ende.
Bild links: "Kroaten" (Kosaken, Ungarn und andere)
König Christian IV.
Der Dänenkönig hat inzwischen seinen linken Flügel erreicht und rückt mit seinen Truppen durch das Gehölz an der Neile gegen
die kaiserlichen Kroaten vor, hinter denen sich reguläre kaiserliche Infanterie-Einheiten befinden. Mitten im Vormarsch erreicht den König die Meldung vom Untergang seines rechten Flügels. Der
Däne befiehlt daraufhin (was ihn ebenfalls als Taktiker ausweist): 1. Treffen beschleunigt seinen Angriff auf den gegnerischen rechten Flügel. 2. Treffen rückt unverzüglich vor, um in die Kämpfe
einzugreifen. Batterie bei Rhode feuert auf die Kroaten.
Christian IV. begibt sich sodann zu seinem rechten Flügel, um dort zu retten, was zu retten ist. Dort erhält er aber die Meldung, daß Wallenstein mit seiner Armee heranrücken und höchstwahrscheinlich bald die dänische linke Flanke erreichen soll. Wallenstein sollte gegenwärtig eigentlich in Richtung Schlesien unterwegs sein, um den Grafen Mansfeld abzufangen. Der Däne befiehlt daher dem Befehlshaber des 2. Treffens, dem Rheingrafen Ludwig Otto, sich mit den KR „Rheingraf“ und „Courville“ zum IR „Schweden“ zu begeben und mit diesen drei Verbänden den aus Richtung Langelsheim zu erwartenden neuen Feind abzuwehren. Doch bevor dies alles in die Tat umgesetzt werden kann, erkennen die Dänen, daß die bis eben noch siegreichen Truppen des Generals Fuchs unvermittelt weichen und sich zur Flucht wenden. Fuchs ist, aus unzähligen Wunden blutend, zusammengebrochen. Alles rennet, rettet, flüchtet, und Christian IV. kann seine Männer erst am 2. Treffen zum Stehen bringen.
Bild links: Schwere, also gepanzerte Kürassiere (aber ohne die Lanzenreiter)
Die Regimenter vom linken Flügel des 2. Treffens befinden sich auf dem Weg nach Langelsheim, hören plötzlich Kampfeslärm und sehen Truppen weichen. Sie beschleunigen ihre Schritte, um Wallenstein abzuwehren. Doch da treten die KR „Cerboni“ und „Colloredo“, die vor der Schlacht von Tilly losgeschickt worden sind, den Dänen in die Flanke zu fallen, aus dem Bergwald bei Nauen heraus. Die beiden KR gehen die Dänen von der rechten Flanke an, an der linken erscheint das dritte KR, „Dufour“. Unter diesem Zangenangriff weichen die Dänen auf ihr 2. Treffen zurück, und General Dufour gibt den beiden IR „Coloredo“ und „Cerboni“, die bislang in Reserve gestanden haben, den Angriffsbefehl (Verdiente Regimentsinhaber, höhere Herren und dergleichen haben oft nicht nur ein Kavallerie-, sondern auch ein Infanterieregiment inne, die jeweils einem Obristleutnant/Oberstleutnant unterstehen.) Diesem geballten Ansturm können die Dänen unmöglich standhalten, und es setzt eine wilde Flucht nach Wolfenbüttel ein.
Christian kann mit dem „Leibregiment“ zu Fuß und seiner (rein aus Adligen bestehenden) „Leibskadron“ (Leib-Eskadron) die Enge
bei Lutter noch eine Weile halten, bis Dufours Kürassiere und die herbeieilenden Musktieren ihnen den Rest geben. Was an dänischem Fußvolk zu entkommen versucht, wird beinahe vollständig von den
Kroaten niedergehauen. Christian IV. kann wie durch ein Wunder entkommen und erreicht am Abend Wolfenbüttel.
Etwa 2000 Mann dänisches Fußvolk können sich in das Amtshaus von Lutter durchschlagen und sich dort verschanzen. Die
Kaiserlichen schließen den Ort ein und beschießen ihn, auch mit Kanonen, bis die Dänen kapitulieren und gefangengenommen werden, vermutlich um in die kaiserlichen Verbände eingegliedert zu
werden, beziehungsweise deren Verluste aufzufüllen. Diese Praxis ist üblich, und es spielt dabei nicht die geringste Rolle, ob der einzelne Soldat katholischen oder protestantischen Glaubens
ist.
Quellen
Wie gewöhnlich haben wir zur Einstimmung erst einmal bei Wikipedia nachgeschaut und uns dann die weiterführende Literatur vorgenommen. Dabei ist uns aufgefallen, daß der Wikipedia-Beitrag mehrere inhaltliche und sachliche Fehler aufweist, was bei diesem Lexikon für unsere Belange eigentlich nicht die Regel ist. Deswegen haben wir uns als Marschroute für den Artikel an Fritz-Günther Melzner „Die Schlacht bei Lutter am Barenberg“ gehalten.
http://www.wolfgangroehl.de/Lutter/Die_Schlacht_bei_Lutter_am_Barenberge--27August1626.pdf
Wir verweisen auch gern auf den ebenso detaillierten wie kenntnisreichen und reich bebilderten (Schlachtszenen mit Flach-Zinnfiguren) Artikel: „Die Schlacht bei Lutter am Barenberge“ – der Autor gibt sich leider nicht zu erkennen.
https://tabletopdeutschland.com/2015/07/02/die-schlacht-bei-lutter-am-barenberge/
Ebenso sei die Chronik von Hahausen, hier „Die Schlacht bei Lutter am Barenberge“ zu empfehlen, in der vielerlei interessante
Details enthalten sind.
http://www.hahausen-harz.de/chronik/schlacht%20bei%20lutter.htm